Team Labubu? Oder Team Longevity? – Wie Turbo-Trends sogar Langlebigkeit kurzfristig machen
Team Labubu? Oder Team Longevity? – Wie Turbo-Trends sogar Langlebigkeit kurzfristig machen
In einer Turbo-Trend-Gesellschaft, wo virale Sensationen uns wie ein Wirbelsturm durchs Leben peitschen, wird selbst das edelste Ziel – Langlebigkeit – zu einer kurzfristigen Illusion. Als ich am gestrigen Samstag mit meiner Tochter Labubu-Puppen jagen war, diese niedlichen Monster-Figuren, die 2025 zu einem globalen Sammelwahn geworden und in Sekunden ausverkauft sind, musste ich erneut über unsere Optimierungsgesellschaft nachdenken, die ich 2020 in meinem Buch “Das Infizierte Denken“ beschrieb. Und nur einige Samstage zurück saß ich abends mit Bryan Johnson in Stockholm zusammen und sprach genau über jenes Thema: Eine Optimierung durch Longevity-Hacks für ein Leben bis 120 und seine „Don’t Die“-Initiative. Doch paradoxerweise macht diese Hype-Maschinerie aus Langfristigem etwas Flüchtiges: Wir kaufen schnelle Fixes, teilen virale Momente und ignorieren die echten Konsequenzen. Ist das der Preis für unseren endlosen Rausch?
Labubu verkörpert die pure Kurzfristigkeit: Diese “ugly-cute” Vinyl- und Plüschfiguren aus Blind Boxes, inspiriert von einer Kinderbuchserie, haben 2025 zu langen Schlangen vor Pop-Mart-Läden und explodierenden Preisen geführt – ein Trend, der an Beanie Babies oder Cabbage Patch Kids erinnert. Celebrities hypen sie, Fans tätowieren Designs (die schnell verblassen), und Social Media explodiert mit Posts wie “I am the owner of the one and only black diamond labubu”. Es ist der Inbegriff von Sofortbefriedigung: Kaufen, teilen, vergessen. In einer Turbo-Gesellschaft zerrt Labubu uns in den Moment, ohne Blick auf Morgen.
Nun zu Longevity, dem scheinbar langfristigen Gegenpol: 2025 dominiert dieser Trend die Wellness-Branche mit funktionaler Nutrition, AI-gesteuerten Apps, Biohacking und personalisierten Hacks für gesundes Altern. Milliardenmärkte enstehen, von GLP-1-Medikamenten über regenerative Behandlungen bis hin zu Longevity-Technologien wie predictive Healthcare. Es klingt nach Weitsicht: Wir investieren in ein längeres Leben, bekämpfen Altern auf zellulärer Ebene. Doch die Turbo-Trend-Gesellschaft dreht das um – Longevity wird zu kurzfristigem Konsum: Schnelle Supplements für sofortige Ergebnisse, virale Challenges auf TikTok, Gadgets, die nächstes Jahr out sind. Statt nachhaltiger Lebensweisen jagen wir Hypes wie “circadian rhythm hacks” oder “functional fragrance”, die uns in ständige Optimierung zwingen, ohne echte Tiefe. Sogar Bryan Johnson, für einige die Biohacker-Ikone, und seiner Initative “Don’t Die” landet im Strudel und postete diese Woche auf X, dass er nie Pillen verkaufen wollte und “Ich brauche das Geld nicht”, – ein perfektes Beispiel, wie gute Absichten in kurzfristigen Markttrends münden.
Der Bezug zwischen Labubu und Longevity? Beide sind Opfer und Treiber der Turbo- und Optimierungs-Gesellschaft: Labubu ist der offene Kurzfrist-Hype, Longevity tarnt sich als langfristig, wird aber zu einem weiteren viralen Rausch. Algorithmen pushen beides – Posts über Labubu-Memes oder Longevity-Tips – und monetarisieren unsere Aufmerksamkeit.
Es geht längst nicht mehr darum, ob etwas real ist, denn das Reale wurde abgelöst. Wie Jean Baudrillard beschreibt, leben wir in einer Welt, in der Zeichen, Bilder und Datenströme nicht mehr auf Wirklichkeit verweisen, sondern nur noch aufeinander. Erfahrungen wurden durch ihre Darstellung ersetzt: Die Grenze zwischen dem, was geschieht, und dem, wie es erscheint, ist kaum noch spürbar; das Alltägliche findet zunehmend in seiner Simulation statt.
Labubu ist kein Spielzeug, sondern ein viraler Code. Longevity kein Gesundheitskonzept, sondern ein gut inszeniertes Versprechen. Ihre Bedeutung entsteht nicht aus dem, was sie sind, sondern aus dem, wie sie zirkulieren. Realität ist dabei kein Maßstab mehr. Was zählt, ist Wirkung. Sichtbarkeit. Wiederholbarkeit.
Am Ende zerrt uns diese Gesellschaft durchs Leben: Von Labubu zu Longevity, immer schneller, immer flüchtiger. Die Singularität – wo KI uns überholt – könnte der ultimative Twist sein, aber selbst ohne sie: Werden wir in dieser Kurzsichtigkeit überleben?
Ist es Zeit aufzuwachen? Sollten wir statt Puppen zu horten oder Pillen zu schlucken, echte Langfristigkeit suchen – jenseits des Hypes? Denn in der Welt der Zeichen verliert selbst die Ewigkeit ihren Anspruch auf Dauer – sie erscheint nur noch als flüchtige Geste im Strom des Immergleichen.
DAS INFIZIERTE DENKEN:
Es war einer dieser Samstage, an dem ich gestern zurückblicken musste. Es ist 5 Jahre her, seit ich 2020 „Das infizierte Denken“ schrieb. Genau mit jener Vorstellung einer Gesellschaft, die bereits in der Mache ist. Falls du das Buch noch nicht gelesen hast – auf Hanf gedruckt – , hier kannst du dir ein Exemplar holen: