Drei Norweger auf dem WM-Podium – Was hinter Norwegens Sportwunder steckt – und warum es Deutschland betrifft

In der Startaufstellung von Manchester City: Der schnelle und technisch versierte Oscar Bobb schafft es allerdings nur auf die Bank, wenn die norwegische Nationalmannschaft spielt. Denn dort wimmelt es von internationalen Topspielern im offensiven Mittelfeld – drei der besten Angreifer Europas. Erling Haaland erzielte jüngst fünf Tore und führte sein Team zu einem 11:1-Sieg in der WM-Qualifikation.

Auch in der Leichtathletik sprießen die Talente wie Pilze aus dem Boden. Mit dem Auftakt der Weltmeisterschaften in Tokio überrascht es kaum, wenn Norwegen erneut Schlagzeilen schreibt. Der sportliche Erfolg setzt sich in diesen Tage nahezu allen Disziplinen fort. Am Sonntag traten Gustav Iden und Kristian Blummenfeldt bei der Triathlon-Weltmeisterschaft in Nizza an – einem globalen Sport mit härtestem Wettbewerb. Geschlagen wurden die beiden Landsmänner dennoch: Sie belegten Platz zwei und drei. Der überraschende Sieger? Ihr Teamkollege Casper Stornes, ebenfalls Norweger. Doch was können wir als Gesellschaft – in Wirtschaft, Politik und Bildung – von diesem Erfolg lernen?

Eine neue Leistungskultur, verwurzelt in Werten

Bereits vor anderthalb Jahren erschien der Wikinger-Kodex in Deutschland. Angesichts wirtschaftlicher, politischer und bildungspolitischer Herausforderungen ist es vielleicht Zeit, dieses Werk erneut in den Vordergrund zu rücken? Denn es geht nicht allein um Sport – es geht um Werte, Aktivierung und Lebendigkeit. Unter dem Titel The Viking Code erschien im vergangenen Jahr die US-Ausgabe meines Buches, nun folgt in Norwegen die Fassung VIKINGKODEN – Over Janteloven, die am 15. Oktober in Oslo vorgestellt wird. Die norwegische Ausgabe beschreibt, was dieses kleine Land von seiner eigenen sportlichen Leistungskultur lernen kann. Denn nicht alles, was glänzt, ist Gold – und vieles bleibt unklar, warum gerade diese Generation in fast allen Sportarten Weltklasseathleten hervorbringt.

Wir leben in einer Zeit, die viele als unsicher empfinden: wirtschaftliche Stagnation, der rasante Einzug der Künstlichen Intelligenz, politische Polarisierung und ein Bildungssystem, das im 20. Jahrhundert verharrt. Inmitten dieser Krisen suchen wir Orientierung, Vorbilder und Konzepte. Der Wikinger-Kodex ist dabei kein Regelwerk. Er ist ein Spiegel, der uns auffordert, Haltung einzunehmen – eine Einladung, sich an zeitlosen Prinzipien zu orientieren und daraus eine Kultur der Lebendigkeit, Leistungsfähigkeit und Gemeinschaft zu entwickeln.

Im Zentrum des Buches stehen Prinzipien, die auf nordischer Tradition basieren und in die Gegenwart übersetzt werden: Respekt, Gleichwertigkeit, Verantwortung, Mut, Offenheit – und die Fähigkeit, Konflikte auszuhalten. Die Metapher der Wikinger dient dabei nicht der Verklärung einer barbarischen Vergangenheit, sondern als Bild für das, was geschieht, wenn Menschen gemeinsam aufbrechen, Stürme aushalten und Neues gestalten.

So braucht auch Deutschland – im Geiste des norwegischen Ethos – einen „deutschen Dugnad“. Das bedeutet, in der Wirtschaft den Kampf gegen Innovationsstau und Bürokratie anzunehmen und zu erkennen, dass Fortschritt aus Mut, Verantwortung und Veränderungsbereitschaft entsteht. Es bedeutet in der Politik, über Versprechen und Arbeitskreise hinauszukommen, Polarisierung und Populismus zu überwinden und unsere Demokratie durch Respekt und Gleichwertigkeit zu stärken. Und es bedeutet in der Bildung, nicht nur Wissen und Expertentum zu vermitteln, sondern Haltung, Urteilskraft und die Fähigkeit, das Lernen des Lernens zu beherrschen – damit junge Menschen wieder Gestalter und nicht bloß Zahnräder einer überholten Maschinerie werden.

Deutschland braucht mehr als Reformen – es braucht eine kulturelle Renaissance. Der Wikinger-Kodex ist keine Nostalgie, sondern ein praktischer Kompass. Und nach diesem erneuten Sport-Sonntag in meiner nördlichen Heimat erlaube ich mir einen kleinen Werbeblock für eine aktive Gesellschaft. Ein Hoch auf die Lebendigkeit!

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