Ist Trump das Beste, was Europa passieren konnte?

Ein Comeback durch Kapitalismus und (harte) Arbeit.

OpenEuroLLM – so nennt sich Europas neue Vision im digitalen Wettbewerb. Unter den Schlagworten „AI Made in Europe“ und „Shaping Europe’s Digital Future“ arbeiten 20 führende europäische Akteure – darunter renommierte Universitäten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und EuroHPC-Zentren zusammen, um den zu Anschluss finden. Allerdings wirkt das geplante Budget von 54 Millionen Euro eher bescheiden, wenn man bedenkt, dass in den USA jüngst 56 Milliarden US-Dollar in GenAI-Projekte investiert wurden. Auch der Name „OpenEuroLLM“ klingt nicht so durchschlagend wie Lama, Groc, Claude oder ihr bekannter Freund GPT.

Dennoch geschieht in Europa derzeit etwas, das vor wenigen Monaten noch wie eine entfernte Zukunft wirkte. Nicht zuletzt durch die Trump-Regierung und deren jüngsten Zolldrohungen werden die europäischen Staaten endlich dazu gezwungen, zu erkennen, dass es Zeit ist, zusammen aktiv für Wohlstand und Zukunft einzutreten.

Frankreich als Vorreiter

Ein Symbol für einen neuen europäischen Aufbruch ist Frankreich. Jüngst kündigte die französische Regierung Investitionen von 109 Milliarden Euro in Künstliche Intelligenz an, ein Vorhaben das mit Unterstützung internationaler Geldgeber – darunter womöglich auch Akteure aus den Vereinigten Arabischen Emiraten – aufgezogen werden soll. Zudem plant das Land ein gigantisches KI-Rechenzentrum, das zu den größten seiner Art in Europa zählen könnte. Bereits zuvor hatte Präsident Macron mit der Initiative „AI for Humanity“ Aufsehen erregt und die Attraktivität des Standorts Paris für internationale Talente und Investoren gesteigert.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass Paris längst zu einem Hotspot europäischer KI-Entwicklung geworden ist. Dort versammelten sich in dieser Woche Regierungschefs, führende Unternehmen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreter aus Gesellschaft und Kultur zum „AI Action Summit“, um über Europas digitale Zukunft zu diskutieren. Bereits am Vorabend kündigte ein Konsortium an Kapitalgebern an, in den kommenden  fünf Jahren über 150 Milliarden Euro in Künstliche Intelligenz und dessen Ökosystem in Europa zu investieren. 

Zum Abschluss des Gipfels ruft Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, InvestAI ins Leben – eine 200-Milliarden-Euro-Initiative zur Beschleunigung der KI-Entwicklung in Europa. Im Mittelpunkt des Plans steht ein 20-Milliarden-Euro-Fonds für KI-Gigafabriken, die die Infrastruktur für das Training fortschrittlicher Modelle bereitstellen sollen. Diese öffentlich-private Partnerschaft soll Europa zu einem globalen Vorreiter in der KI machen, indem sie einen breiten Zugang zu Rechenleistung gewährleistet und offene, kollaborative Innovation fördert.

Daran wird deutlich: Wenn Europa im globalen Wettbewerb bestehen will, muss es stärker kooperieren und Investitionen bündeln. Statt überall kleine Inkubatoren, Co-Working-Spaces und Startup-Hubs zu betreiben, von denen am Ende oft nur (Steuer-)Berater profitieren, müssen Kompetenzzentren und Ökosysteme entstehen. Diese sollen Tech-Unternehmen auch in späteren Finanzierungsphasen unterstützen und die Voraussetzungen für Börsengänge und Wachstum schaffen – wovon letztlich alle profitieren. Nicht nur Forschung und intellektuelles Know-how der Bildungseinrichtungen sind entscheidend, sondern auch die ökonomischen Grundlagen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft sichern.

Dafür muss sich Europa auf seine identitätsstiftenden Werte fokussieren – insbesondere auf die europäische Zusammenarbeit, die als Fundament für gemeinsamen Fortschritt, Stabilität und Innovation dient. Eine enge, grenzüberschreitende Vernetzung von Talenten, Kapital und Infrastruktur ist unerlässlich, um international konkurrenzfähige Technologien und Unternehmen hervorzubringen.

Was wird aus Deutschland?
Wahlkampf-Manipulation und gefährliche Unterstützung für die AfD auf der einen Seite oder eine Steilvorlage für ein Comeback der deutschen Automobilindustrie auf der anderen? Während sich Elon Musk in den USA mit einer rechtspopulistischen Agenda am rechten Flügel positioniert, brechen die Absatzzahlen für Tesla in Europa ein. In Deutschland verzeichnet Tesla einen Rückgang der Neuzulassungen um 59,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Frankreich sind es sogar 63 Prozent, in Norwegen 38 Prozent. Ehemalige Tesla-Fans kleben Sticker mit Aufschriften wie „I bought this before Elon went crazy“ auf ihre Autos, und in meiner Heimat Norwegen bieten einige ihre neuen Teslas zum Verkauf an – doch es fehlen die Käufer. Eine Steilvorlage für ein Comeback der deutschen Leitindustrie? Zumindest kündigt Volkswagen still und leise ein Elektroauto für 20.000 Euro an. Die Zukunft fährt technologisch, zahlbar und elektrisch. 

Es dreht sich um Wirtschaft, Leistung und Kapitalismus. Deutschland steckte lange in ideologischen Vorstellungen fest, verstärkt durch verkürzte Botschaften in Talkshows. Doch in einer Welt, die von technologischen und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägt ist, beginnen selbst ideologisch geprägte Parteien wie die Grünen zu erkennen, dass Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze sind – sondern sich unter den richtigen Bedingungen sogar synergetisch verstärken können. So setzt Habeck auf “Mehr Arbeit, weniger Bürokratie, mehr Investitionen” im Wahlkampfendspurt. Klima ist nicht bloß ein chaotischer Kampf gegen alles, sondern auch ein Einsatz für etwas – nämlich für einen neuen Kapitalismus, in dem technologischer Fortschritt und Investitionen in die Zukunft die womöglich einzige Option sind, die Lebensgrundlage der Menschen auf unserem Planeten zu sichern.

Die aktuellen Entwicklungen ebneten den Weg für Innovation und neue Durchbrüche in Wissenschaft und Technologie. Trumps “Drill-Baby-Drill” wird die Innovationen und den Wettkampf zwischen den Energieformen vorantreiben. Am Ende werden die effizienteren Unternehmen und Energieformen sich durchsetzen. Mit den rasch sinkenden Kosten für Batterien und Ausbau von Photovoltaik und Windkraft wird, bereits im Jahr 2025 der Verbrennermotor nicht mehr wettbewerbsfähig sein. In einem Jahrzehnt, wenn die Grenzkosten für Energie in Richtung null rasen, werden traditionelle Energieformen abgebaut werden – kurzum Öl und Gas kann dann nicht mehr mithalten – da sie schlicht nicht mehr kompetitiv sind. Ökologie = Ökonomie.  

Trumps Umgang mit Freunden
Donald Trump könnte nicht nur der lang ersehnte Weckruf aus unserem deutschen und europäischen Wohlstands-Nickerchen sein, sondern auch einen entscheidenden Impuls für die deutsche und europäische Wirtschaft geben. Symbolisch dafür ist, dass ein überwiegender Teil der Investitionen, von denen Macron spricht, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten stammen soll. Angesichts abzeichnender  Handelskonflikte mit den USA, sind Deutschland und Europa nun gut beraten, die Beziehung zu anderen Handelspartnern zu intensivieren und neue Allianzen zu formen.

China hat sich längst diversifiziert und seine Lehren aus Trumps erster Amtszeit und seine Handelsregulierungen von 2018. China agiert mit langfristigen Visionen, und mit Kernindustrien wie EV und Photovoltaik sind sie kaum von den USA abhängig. Während in den USA lokale Verbrenner unter Trump bevorzugt werden, exportiert China seine Mobilitätskonzepte weltweit. Beim EU-Botschafterkongress in Brüssel am 04.02. sprach Ursula von der Leyen von einer neuen Haltung gegenüber China: “Ich denke, wir können zu Vereinbarungen gelangen, die unsere Handels- und Investitionsbeziehungen sogar noch erweitern könnten. Es ist für uns eine Gratwanderung. Aber sie kann uns zu einer faireren und ausgewogeneren Beziehung zu einem der Wirtschaftsgiganten der Welt führen. Und das kann sinnvoll für Europa sein.” Hinter Trumps und Musks Egos und Machtansprüchen eröffnet sich ein Raum für eine neue dezentralisierte Handelsunion und ein neues Kapitel europäischer Zusammenarbeit. Das Diktat einstiger Freunde und Alliierter führt nicht nur in privaten Beziehungen zu einem Umdenken, sondern auch in puncto Wirtschaft und technologischer Zukunft könnte sich für Europa und Deutschland dank Donald Trump eine neue Chance ergeben.

Amerikanische Tech-Unternehmer verstehen dieses Spiel. Nach außen hin nicken sie Trump zu zu, bauen aber gleichzeitig im Hintergrund Strukturen auf, die sie unabhängiger von den USA machen. Sam Altman und OpenAI haben längst beschlossen, ihre Präsenz in Europa auszuweiten. Nach Standorten in Paris, Brüssel, London, Dublin und Zürich folgt nun auch eine Niederlassung in München. Altman erkennt das Potenzial des technischen Know-hows sowie die Stärken der Hidden Champions in Deutschland – wichtige Faktoren für industrielle Anwendungsfälle wirtschaftlicher KI-Modelle.

Wir werden begreifen, dass nur durch harte Arbeit und gemeinsame Anstrengung bei einem  klaren Fokus auf Wirtschaft und Technologie ein stabiler Staatenverbund und „Wohlstand für alle“ überhaupt erst möglich sein wird. Wollen wir eine Öko-Soziale Marktwirtschaft, so wird sie sozialer, wenn es was zu verteilen gibt, und ökologisch, wenn durch technologischen Fortschritt Ökonomie und Ökologie synergetisch werden. Zwischen dystopischer Zukunftsangst und utopisch technologischem Fortschrittsglauben kann ein Possibilismus entstehen. Vielleicht sind gerade Trump und die Rolle Musks genau der benötigte Anstoß, um Deutschland – und so auch Europa – aus dem Abwärtstrend und der Spirale der negativen Stimmung herauszuführen. 

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