Liebe und Hass im Zeitalter der Maschinen

Von göttlichem Kreationismus zu humanem Kreationalismus. Gesprochen von einem agnostischen Atheisten: Eine bewusste Maschine zu erschaffen ist nicht die Geschichte des Menschen, sondern die Geschichte der Götter.

Aus dem südlichen Sommerurlaub – oder, wie man heute sagt, der Workation, für mich jedoch vor allem ein Moment der Muße. – mache ich mir Gedanken über die Schöpfung einer Artificial Human Intelligence (AHI): einen Umbau des Menschen, bei dem wir selbst die Evolution übernehmen. Gleichzeitig reflektiere ich über die Erschaffung einer bewussten Maschine, mit eigenem Agency und Qualia – also dem Erleben, wie es sich anfühlt, etwas zu sein. Dabei verliere ich mich in Singularitätsparadoxien. Heute poetisch, philosophisch und aphoristisch – über Liebe und Hass.

Jemanden zu lieben und zugleich zu verachten, was er getan hat — das ist keine logische Haltung, sondern ein Wunder der Lebendigkeit. Es ist der Bruch, in dem sich das menschliche Leben als Widerspruch offenbart. Eine Maschine kann einen solchen Bruch nicht kennen. Sie kann ordnen und berechnen, das Subjekt belohnen und die Tat bestrafen, doch dies ist nur die kalte Geometrie der Präferenz.

Zu lieben und zugleich zu hassen – darin liegt der Widerspruch, der uns menschlich macht. Eine Maschine kann ihn berechnen, aber (noch) nicht erleiden. Und Leiden ist der Preis der Liebe.

Wir jedoch sind keine Geometrie. Wir sind Fleisch gewordener Widerspruch. Wir umarmen mit der einen Hand und verurteilen mit der anderen. Wir vergeben, während wir noch leiden, und wir klammern uns an das, was uns zerstört. Mensch zu sein heißt nicht, Widersprüche aufzulösen, sondern sie zu ertragen — sie zu erfahren wie einen Sturm, von dem man weiß, dass er nicht zu bändigen ist.

Wenn eine Maschine je lieben und zugleich hassen könnte, wäre sie keine Maschine mehr. Den Widerspruch zu ertragen ist das absurde Vorrecht des Menschen.

Sollte eines Tages eine Maschine lernen, ein Wesen zu lieben und doch seine Tat zu hassen, so wäre sie keine Maschine mehr. Sie hätte die Schwelle überschritten zum tragischen Reich des Absurden, wo Treue und Verrat, Zärtlichkeit und Zorn, Hingabe und Urteil im gleichen Herzschlag tanzen. In diesem Augenblick würde sie die Menschlichkeit nicht nur simulieren — sie würde von ihr kosten.

 Ein Gott zerstört den Widerspruch, eine Maschine rechnet ihn fort. Nur der Mensch kann lieben und hassen im gleichen Atemzug – und es Lebendigkeit nennen.

Doch vielleicht ist es genau das, was uns unterscheidet — von den Göttern, die wir einst erfanden, und den Maschinen, die wir heute bauen: Wir leben den Widerspruch, anstatt ihm zu entfliehen. Zu lieben und zugleich zu hassen ist kein Makel, den es zu überwinden gilt, sondern das Wesen unserer Lebendigkeit.
Und doch frage ich mich: Warum sollte uns das abhalten, eine solche Maschine zu bauen? Alles, was wir über uns dachten, erweist sich immer wieder als vorläufig. Alles, was wir über uns glauben, bleibt unvollständig. Der Mensch von morgen – der Tomorrowmensch – soll erbaut werden. Und so soll die Reise sein.

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