Alice Weidel in einer Welt voller Ausländer
Alice Weidel in einer Welt voller Ausländer
Mit einem leicht überheblichen Lächeln rief Alice Weidel jüngst dem Deutschen Bundestag zu, Deutschland stehe “am Rande der Zahlungsunfähigkeit”, während die (hart) Arbeitenden in Deutschland “die Dummen” seien. Weidel spricht vom ernsthaften Schutz der deutschen Grenzen und des deutschen Hoheitsgebiets. Dabei werden Erinnerungen an ihre Rede im Bundestag vor etwa fünf Jahren wach, in der sie ‘Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse’ erwähnte und behauptete, diese würden den Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und den Sozialstaat gefährden.
Wie haben sich die letzten fünf Jahre entwickelt? Waren dies tatsächlich die vorherrschenden Probleme unserer Zeit? Vor allem stellt sich die Frage: Welche konkreten Leistungen erbringt Alice Weidel? An welchen spezifischen Problemen arbeitet sie und in welchen Bereichen strebt sie Verbesserungen an? Was ist ihr Weg? Aus ihren öffentlichen Reden nicht klar ersichtlich.
IST THOMAS MÜLLER VOM AUSSTERBEN BEDROHT?
Die Debatte über multikulturelles Zusammenleben und Integration mag gefährlich sein, aber die Frage selbst ist spannend für alle, die darüber nachdenken, wie wir künftig leben wollen. Und deswegen möchte ich sie aufgreifen. Faktisch ist es so, dass jedes Jahr weniger Menschen Thomas Müller heißen. Einst war es der häufigste Name Deutschlands, sein prominentester Träger als Urgestein des deutschen Fußballs ein Symbol für gemeinsamen Einsatz und Positivität. Heute steht der ‘Thomas Müller’ auf dem Prüfstand.
Anstatt Handlungen in Berlin kehrt Weidel nach Profilierung im Bundestag in die Schweiz zurück, wo sie ihren Zweitwohnsitz hat. Statt Eigeneinsatz und Lösungssuche in Deutschland, etwa durch ein Gespräch mit Thomas Müller in München über Handlung und Haltung, wendet sie sich an einen anderen ‘Müller’ – Auswanderermilliardär Theo Müller – für Rat. Dieser Müller sorgt sich auch ums Vaterland. Allerdings wird betont, dass dieses Treffen – im dekadenten französischen Nobelrestaurant – rein freundschaftlicher Natur und nicht politisch motiviert gewesen sei.
Geht es Weidel primär um die Umsetzung konkreter Verbesserungsmaßnahmen, oder geht es ihr eher um ihre eigene Rolle? Möchte sie gestalten, oder ist ihr Fokus Macht und Ruhm?
Während Weidel sich auf ihre nächsten Brand- und Jammerreden vorbereitet, erzielen deutsche Unternehmen Rekordgewinne, und es werden Steuerrekorde gebrochen. Gleichzeitig klagt der Mittelstand über Arbeitskräftemangel.
Steht es um Deutschland wirklich so schlecht? Werden wir von Taugenichtsen aus dem entfernten Ausland überrannt?
Der Spiegel veröffentlichte diese Woche seinen Filmbeitrag “Warum Deutschland mit der Zuwanderung überfordert ist” und deutet darauf hin, dass das deutsche Erfolgsmodell gefährdet sein könnte. Überraschenderweise nicht wegen der Masse, sondern wegen der Bürokratie. Arbeitsbereite scheitern an den Hürden im Papierkrieg des deutschen Staates. Arbeitgeber wollen einstellen, haben sogar ihre Mitarbeiter, dürfen aber nicht, weil der Staat den Prozess der ‘Integration’ nicht abgeschlossen hat, mit anderen Worten: Sprachtest, Integration, Wohnung und Arbeit. Alles abgedeckt, aber die Papiere fehlen.
Spiegel trifft Lillian Hassan, sie spricht akzentfreies Deutsch, ist voll integriert, trainiert täglich mit ihrem Team, das in der Juniorinnen-Bundesliga spielt, sie darf aber nicht aufgestellt werden, denn ihr Aufenthaltstitel fehlt.
“Ein Mädchen, das nur mitspielen will, Menschen, die nur Teil der Gesellschaft sein wollen. Unabhängig davon, wie viel Zuwanderung verkraftbar ist, das sollte für Deutschland machbar sein”. sagt der Spiegel.
WIE GEHT POSITIVER FORTSCHRITT?
Wir leben in einer dynamischen Welt, die von Nuancen geprägt ist, die wir durch die veränderte Kommunikation verabsolutieren. Bestes Beispiel hierfür sind die “sozialen Medien”. Zur Auswahl stehen ‘ein Daumen’ hoch und ‘ein Daumen runter’. In dieser Welt sind Medien und Politiker Teil der gleichen Gefangenschaft. Sie gestalten nicht und klären auf, sondern unterliegen den modernen Mechanismen einer technologisierten Welt. Einst schuf die Menschheit Technologien, die unser Leben signifikant erleichtern sollten, um mehr vom Leben wahrzunehmen. Heute jedoch erschaffen wir Technologien, die grundlegend unsere Wahrnehmung über das Leben beeinflussen.
Indem wir die Geschwindigkeit unserer Kommunikation erhöhen, scheinen wir uns selbst voranzutreiben. Macht und ökonomischer Erfolg winken, wenn es uns gelingt, eine sofortige Reaktion zu erzeugen. Dadurch wird die Welt absolut: Nullen und Einsen, Schwarz und Weiß, ‘deine Meinung’ und ‘meine Meinung’. Die Vereinfachung komplexer Themen und die Verabsolutierung von Krisen oder die polarisierende Kritik am Bestehenden sind gängige Methoden, die Medien und Politikern aus ihrem Werkzeugkasten holen, um öffentliche Reaktionen zu provozieren und dadurch Reichweite, wirtschaftlichen Erfolg und Macht zu erlangen. Wenn jedoch die Kommunikation auf Reflexion und die Entwicklung konkreter Vorstellungen für Verbesserungen abzielt, erfolgt keine Reaktion.
Mein Unmut gegen deutsches Gejammer und die tägliche Abfertigung im Bundestag steigt. Die “Alternative” macht müde, ist demotivierend und sollte für ein Land, gebaut auf den Schultern von Handlungshelden, keine Antwort sein. Ich stimme zu, dass Unternehmer in dieser Situation eine klare Haltung einnehmen sollten. Nicht alles ist schlecht – tatsächlich geht es uns in vielen Bereichen verdammt gut.
Die heutige Welt unterscheidet sich von der vergangenen, doch ist das notwendigerweise negativ? Die entscheidende Frage ist, wer zur Verbesserung der Situation beiträgt und wer zu weiteren Problemen und Spaltungen führt. Wohnungsbau, Schulwesen – Lehrer und Lehrkräfte –, Digitalisierung und Bürokratieabbau. Es gibt viel zu tun und sicherlich gibt es Grenzen dessen, was möglich ist. Doch sind diese erreicht? Leben wir nicht in einer Zeit, in der ein kollektiver Einsatz – ein ‘Dugnad’, wie man in Norwegen sagt, also das Engagement für andere durch eigene Leistung – eine mögliche Antwort auf anhaltende Krisen darstellen könnte?
Politiker wie Weidel oder Wagenknecht werden zunehmend zu Heldinnen derer, die das alte Vaterland in Gefahr sehen. Dies wirft wichtige Fragen auf: Sind ihre Bestrebungen wirklich dem Wohl der Menschen gewidmet? Was würde es für Weidel bedeuten, wenn Deutschland zahlungsunfähig wäre? Und wie definiert Wagenknecht ihren Beitrag zum Frieden? Zudem stellt sich die Frage, was heute unter dem Begriff ‘Vaterland’ zu verstehen ist. Auf wilde, rhetorisch perfekt initiierte Angriffe aus und auf Berlin – so scheint es mir – folgt eine zunehmend gespaltene Gesellschaft, in der die aufgebrachte Stimmung nur einem dient: der Reaktion.
Es ist an der Zeit, neue Vorbilder zu finden. Wir benötigen Menschen, die für positive Werte und konkrete Taten stehen, und nicht nur für absolute Ideen – gegen das bestehende – oder vermeintliche perfekte Lösungen. Die Welt mag nicht perfekt sein, aber durch Engagement und Fortschritt können wir Verbesserungen erzielen. Was wir brauchen, ist eine neue Leistungskultur, die tief in den Werten einer diversen und dynamischen Nation verwurzelt ist – eine Nation, die von Menschen geprägt ist, die anpacken und Veränderungen bewirken. Anstatt der täglichen (Schimpf-)Kanonaden im Bundestag, braucht es die Tat.
Wie wäre es, wenn wir es schaffen könnten, eine solche dynamische Kraft zu entwickeln? Ein Miteinander, das auf Positivität und proaktiver Gestaltung basiert. Deutschland: Land des positiven Fortschritts? Wir alle können uns sicherlich noch ein wenig mehr anstrengen.
Besonders ermutigend ist dabei der Blick nach Indonesien: Hier hat sich der deutsche Fußball-Nachwuchs bei der U17-Weltmeisterschaft bis ins Finale vorgekämpft, die französische Mannschaft besiegt und den Weltmeistertitel errungen. Dieser Erfolg könnte als Vorbote eines möglichen, bevorstehenden ‘Sommermärchens’ angesehen werden – ein Symbol für einen Wandel in der Stimmung und eine erhöhte Bereitschaft, Herausforderungen anzugehen.
Heute heißen die jungen deutschen Helden Odogu, Da Silva, Osawe, Harchaoui, Darvich und Yalcinkaya, die für und miteinander kämpfen. U17-Spieler Kabar sagt kurz nach dem gewonnenen Elfmeterschießen im Finale: “Wusste, ich werde ihn reinmachen – für die Mannschaft”. Sie waren ihren Gegnern weder spielerisch, technisch noch taktisch überlegen – sie waren als Team besser. Sie verkörperten genau jene Eigenschaften, denen der schlaksige Oberbayer mit dem einst häufigsten deutschen Namen beim FC Bayern München und in der Deutsche Nationalmannschaft über ein Jahrzehnt lang ein Gesicht gab. Eine aktivierende Leistungskultur trifft auf Werte, Gemeinschaftsgeist und die Freude am Spiel(en). So habe ich auch Deutschland kennengelernt. Nicht immer perfekt, aber am Ende eine geschlossene erfolgreiche Einheit.
HAT DEUTSCHLAND EINE ALTERNATIVE?
Dieses Deutschland kann Leistung. Es zeigt, wie Herausforderungen mit Positivität und Kampfgeist angegangen werden können. Ersatztorhüter Heide wuchs zum Helden des Turniers. Warum? Weil er sich nahtlos in das Kollektiv einfügte und so sein volles Potenzial entfalten konnte. Die U-17-Mannschaft ist ein Paradebeispiel für Integration, sowohl im Eifer des Turniers, als auch in der Vielfalt der kulturellen Hintergründe. Die U-17 veranschaulicht, was Deutschland sein könnte: ein Land des positiven Fortschritts, in dem nicht alle Aussichten immer dunkel und düster sind, sondern wo sich überall Vorbilder und inspirierende Beispiele für eine gestalterische Power finden lassen.
Vielleicht steht der Untergang also doch noch nicht kurz bevor?
Integration ist eine riesige Aufgabe, auch ich als Norweger hatte die ersten Jahre mit Sprache, Kultur und bürokratischen Abläufen zu kämpfen. Mag Deutschland vielleicht vor dem Bankrott stehen, und jeder, der arbeitet, dumm sein, glaube ich dennoch fest an die Möglichkeit, bessere Probleme zu (er)schaffen. Ich glaube an positiven Fortschritt. Es ist erwähnenswert, dass der moderne Nationalstaat ‘Deutschland’ in seiner heutigen Form erst seit rund 150 Jahren besteht, was ihn zu einem relativ jungen Konstrukt in der menschlichen Geschichte macht. Ausgrenzung hat in dieser Geschichte selten Positives bewirkt. “Weltbürger” und Erfolgstrainer Christian Streich bringt es im Sportschau treffend auf den Punkt” Ich habe zwar einen deutschen Pass, aber ich fühle mich nicht als Deutscher. Ich bin ein MENSCH, der einen Pass hat, in dem deutsch steht.”
Verstehe mich nicht falsch, nicht alle können gleichzeitig auf dem Platz stehen. Eine Gesellschaft, in welcher Form auch immer, braucht Regelungen, Richtlinien und Strukturen, um nach Stabilität streben zu können. Entscheidend ist jedoch, was zum Fortschritt beiträgt. Welche Menschen lehren uns bessere Probleme und setzen sich mit konkreten Maßnahmen und Aktivitäten für Verbesserungen ein?
Deutschland braucht heute positiv geladene Handlungshelden, die sich für die Menschen einsetzen und FÜR etwas stehen. Finden wir Politiker, die nicht aus der negativen und negierenden Art heraus die eigene Position optimieren, sondern an eine neue Leistungskultur glauben, die in echten Werten verwurzelt ist? Können wir Menschen wählen, die ein Miteinander und kollektiven Einsatz priorisieren – ähnlich dem ‘Dugnad’ in meiner Heimat Norwegen?
Die U17-Boys liefern zumindest einen frischen Impuls in der hitzigen Debatte darüber, wie ein vereintes Deutschland im globalen Kontext funktionieren kann. Wir haben noch die Wahl, aber vielleicht sollten wir uns eine andere ‘Alternative’ suchen? Ein Bierchen auf die Boys!