AUF DEM WEG ZU EINER HOLISTISCHEN PHILOSOPHIE

DIE WELT UND WIE ICH SIE SEHE
In den letzten Jahren hat die Suche nach grundlegenden Wahrheiten und deren zugrundeliegenden Prinzipien immer mehr Denker und Praktiker dazu veranlasst, Theorien unterschiedlichster Disziplinen zu verbinden und die Wahrheit zwischen den Grenzen starr getrennter Disziplinen zu suchen – die ‘Leere’. Anstatt die Grenzen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu akzeptieren, hat die Offenheit für die Suche nach vereinheitlichenden Ansätzen zugenommen und stellt einen Weg in eine (andere) Zukunft dar. So sind beispielsweise immer mehr Physiker aufgeschlossen gegenüber Theorien, die die transzendentale Meditation und alte indische Praktiken mit der modernen (Quanten-)Physik verbinden. Im Streben danach, eine Wissenschaft des (menschlichen) Bewusstseins – Qualia – zu erreichen, treffen Philosophie, spirituelle und “natürliche” Erfahrungen auf Wissenschaft, um so neue Wege der Erkenntnis zu suchen. Dieses Phänomen lässt sich aber auch da beobachten, wo Anhänger östlicher philosophischer Konzepte durch Fortschritte in der modernen Physik und/oder Quantentheorie Inspiration für weitere Untersuchungen finden. Ob solche Theorien nun als Voodoo-Wissenschaft zu bezeichnen sind oder ob sie eine Art vereinheitlichende Grundtheorie darstellen, darüber will ich mich nicht auslassen.

Klar ist, dass verschiedene Disziplinen nach neuen Fragen und Antworten suchen, die in der Welt der subatomaren Teilchen aus Neutrinos und Quarks, Gluonen und so weiter liegen, wo die “Gesetze der physikalischen Welt” aus den Fugen geraten und sich in Nichts auflösen. Diese zugrundeliegende Struktur unserer wahrgenommenen Realität und unserer metaphysischen Grundlage wird als Leere oder als vollkommene Vereinigung von dem ‘was nicht ist’ betrachtet, in der potenziell eine wissenschaftliche Theorie von allem gefunden werden kann.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand wirklich zuverlässig und ernsthaft erklären, wie die Welt zusammenhängt. Aber zumindest in den letzten zehn Jahren, in denen diese Themen das öffentliche Interesse geweckt haben, scheint es einen positiven Geist und ein Gefühl des Fortschritts zu geben, etwas zu finden, das einige aktuelle Weltanschauungen entkräftet oder “alles” vereint. Es gibt Theorien über (Energie-)Felder oder den Glauben an ein grundlegendes Bewusstsein, in dem alles miteinander verbunden ist. Andere Ansätze gehen davon aus, dass es Attribute oder Variablen gibt, die nicht entdeckt wurden, die aber verborgen sind und von uns gefunden werden müssen. Es gibt noch viele Fragen, und auf der ganzen Welt wurden interessante Ansichten geteilt. Wenn Physiker nach einer vereinheitlichenden Theorie von allem suchen, die das Verhältnis zwischen Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie und der modernen physikalischen Quantentheorie beschreibt, dann ist es genau das: die Suche nach einer grundlegenden Komponente, einer vereinfachten Theorie oder etwas “Mystischem” und/oder Verborgenem, welches das vereint, was wir entdeckt haben. Und da wir noch sehr im Dunkeln tappen, sollten wir offen sein für jeden, der einen durchdachten und ernsthaften Ansatz verfolgt, um etwas zu dieser Reise beizutragen. Aus philosophischer Sicht scheint es, als ob wir uns in Richtung einer Befreiung von absoluten Selbstverständlichkeiten bewegen.

EINE PHILOSOPHISCHE DEFINITION

Als ich vor mehr als einem Jahrzehnt begann, Philosophie und Wirtschaft miteinander zu verbinden, ging es mir darum, Brücken zu bauen und zu versuchen, philosophische Konzepte im Lichte des 21. Jahrhunderts zu integrieren. Es ging um Fragen, die mir in den Sinn kamen, und darum, meiner Neugier für die Wunder des Lebens zu folgen. Rückblickend betrachtet ging es um praktische, anwendbare Philosophie, und ich kann mich heute noch sehr gut mit dem identifizieren, was der Physiker Richard Feynman einmal sagte: "Wenn ich es nicht bauen kann, kann ich es nicht verstehen." Übertragen auf die Philosophie bedeutet dies, dass es heute fundamental wichtig ist, nicht nur einen theoretischen und akademischen Ansatz zu verfolgen, sondern die Philosophie auch mit Leben zu füllen. Philosophie ist etwas, das wir tun, etwas, das wir praktisch anwenden können, um unser Leben zu verbessern; das Wesentliche zu spüren, um zu einem höheren Verständnis zu gelangen. Sie ist auch der Weg zum Handeln auf der Grundlage der Vernunft.

Ich habe großen Respekt vor dem Weg der Wissenschaft und der akademischen Philosophen, die sich mit existenziellen und großen Fragen beschäftigen. Diese Gedanken dienen als Inspiration und bieten einen theoretischen Rahmen für die Bewältigung aller Aspekte des Lebens selbst, sobald die Technologie in grundlegende Teile des Menschseins eindringt. Es ist die Aufgabe der Philosophie, mit dem Fortschritt in Wissenschaft und Technik Schritt zu halten. Die Philosophie muss (wieder) gefährlich werden. Insofern, dass sie in aufklärerischer Rolle genau jene intellektuellen, ökonomischen und auch technokratischen Türme einreißt, die uns heute in unseren Selbstverständlichkeiten gefangen halten.

Nicht das Wissen macht den Menschen aus, sondern ein besseres Verständnis für das, was wir heute wissen.

Versuchen wir die Welt absolut zu erklären, landen wir in einer “unendlichen Sackgasse” oder in dem, was der Philosoph Hans Albert als das “Münchhausen-Trilemma” bezeichnete – benannt nach der literarischen Legende des Baron von Münchhausen. Der Erzählung nach, hat dieser sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Albert postuliert, dass jeglicher Versuch an den Grundprinzipien (First-Principles) – die letzte Begründung – heranzukommen, ins Münchhausen-Trilemma führt, bei dem die Argumentation immer zu einem der drei Ergebnisse führt:

  • Ein unendlichen Regress, in dem es immer eine neue Hypothese über die Begründung gibt. Weil… Ad-Infinitium
  • Oder in einem Zirkelschluss, in dem die bewiesene Prämisse für die Conclusio dieselbe Prämisse benötigt. Warum A, weil B. Warum B, weil A.
  • Oder es folgt die Flucht in eine dogmatische Weltanschauung, “Gott war es”, oder der moderne Gott: Die Simulation.

Auch wenn die Welt nicht vollständig erklärt werden kann, soll es uns im Sinne einer ganzheitlichen Philosophie nicht davon abhalten dies zu tun. Es ist die Kunst ‘unrecht zu haben’- eben die philosophische Kontemplation zusammen mit dem Streben nach besseren Erklärungen – der Weg zum positiven Fortschritt – die uns Halt gibt und uns Menschen aus der Gefangenschaft unserer Absolutheiten befreit.

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